Ausflug zur Zukunft des Arbeitens

13.06.2024 | AgileUS-AUSflug

Unser AgileUS-AUSflug im April führte uns zum Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in die Nobelstraße in Vaihingen. Dort konnten wir architektonische Meisterleistung und erprobte Shared-Desk-Konzepte bewundern.

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Die Geschichte könnte im Jahr 2020 beginnen. Mit dem erzwungenen Homeoffice während der Lockdowns waren plötzlich auch wir Landes-Beschäftigte mit flexiblen Arbeitsorten und ‑zeiten konfrontiert. Bereiche, die früher nur Desktop-PCs hatten, bekamen flächendeckend Laptops. Mit der Regelung zu ortsunabhängigem Arbeiten blieb vieles auch postpandemisch bestehen: Beschäftigte überlegen sich, an welchen Tagen welche Arbeitsumgebung (Zuhause oder vor Ort) sinnvoll ist. Wo es die Aufgaben zulassen, bleiben Schreibtische viele Tage unbesetzt. Vom Land kommt nicht nur im Zuge dessen die Anforderung, die Büroflächen zu reduzieren.

New Work – Zukunft und Gegenwart des Arbeitens

Dabei beginnt die Geschichte viel früher. Wie eine Arbeit aussehen könnte, die die Arbeitstätigen wirklich wollen, entwarf in den 1970er Jahren der Soziologe Frithjof Bergmann. Inzwischen ist dieses Konzept von „New Work“ viel breiter. Es erstreckt sich auf Räume und Zeiten, Organisation, Führungsstil nimmt die Sinnstiftung in den Mittelpunkt.

Agile Arbeitsraumgestaltung, Büroflächen mit Bereichen für Tätigkeiten statt für Einzelpersonen: Im Zentrum für Virtuelles Engineering (ZVE) des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO sind die Räume seit der Errichtung 2012 auf die wandelnden Bedürfnisse der Arbeitswelt ausgerichtet.

Dr. Jörg Castor, Projektleiter am IAO, führte die 15 Teilnehmenden durch die Themen und Räume. Zunächst zeigte er anhand vieler Grafiken, Zahlen und Studien, wie sich die Bürowelt seit einigen Jahren verändert.

Zuhause oder am Standort – beides hat seine Berechtigung

Fand gemäß einer Studie 2018 durchschnittlich ein Zehntel der Arbeitszeit zuhause statt, war es 2024 vier Mal so viel. Stattdessen schrumpfte der Anteil der Arbeit „am Standort“ von gut drei Vierteln auf 51 Prozent. In den Befragungen, die Jörg Castor zeigte, bestätigt sich dieser Trend auch in den Vorhaben der Mitarbeitenden. Es gibt nur wenige, die ausschließlich im Büro oder ausschließlich im Homeoffice arbeiten möchten.

Weitere Grafiken bestätigen: Ins Büro zu kommen benötigt für viele einen Mehrwert. Manchen ist der, dass sie dort ungestört arbeiten können oder ihre Arbeit erfordert, dass sie am Standort sind. Bei den meisten lohnt es sich, weil vor Ort Abstimmungsprozesse einfacher sind oder sie spontanen Austausch schätzen. Dagegen begründen andere ihr Zu-Hause-Arbeiten damit, dass im Büro Rückzugsmöglichkeiten, etwa für Konzentration oder Telefonate, fehlten, ihre Arbeitsprozesse von überall stattfinden könnten, der Arbeitsweg oder das Privatleben es nötig oder einfacher machten.

Verschiedene Arbeitsphasen benötigen verschiedene Räume

Jörg Castor betont und belegt auch mit Beispielen und der Führung durchs ZVE: Der Umbau zu New-Work-Arbeitsumgebungen bedeutet nicht, dass weniger Fläche benötigt wird. Vielmehr bedeutet es, dass die Flächen anders, bedürfnisorientiert verteilt werden. Flexible, vielfältige Arbeitsumgebungen sind Lösungen. Aspekte des Arbeitsalltags wären etwa:

  • informelle Treffen in Teeküchen oder gemütlichen Gesprächsbereichen,
  • Telefonieren bzw. Video-Konferieren in akustisch abgeschirmten Räumen („Telefonbox“),
  • formelle Treffen in Besprechungsräumen,
  • konzentrierte Stillarbeit in schallgeschützten, ablenkungsfreien Denkräumen.

Der Gang durch die Wirklichkeit

Kreativität und Vernetzung fördert die Architektur im ZVE durch Blickachsen. Das Foyer ist nach oben hin offen. Versetzt angeordnete Treppen erlauben Sichtbeziehungen von beiden Gebäudeseiten über die Galerien und Stockwerke hinweg. Im Erdgeschoss liegen doppelt verglaste, durchsichtige Tagungsräume: Schallgeschützt zum Foyer, gleichzeitig die Besprechungsinhalte innenhaltend.

Ebenfalls im Erdgeschoss: Eine großzügig bemessene Kreativwerkstatt mit Makerspace und Workshop-Fläche ermöglicht innovative Denkprozesse. Hier können die Fraunhofer-Mitarbeitenden etwa bei Design-Thinking-Vorhaben Prototypen entwickeln. Diese Räume, erläutert Jörg Castor, seien auf Monate hin ausgebucht. Den Grund können die Besuchenden bei einem sehnsüchtigen Blick durch die Glastür sehr gut nachvollziehen.

Der Rest des Gebäudes spiegelt ebenfalls die Erkenntnisse aus der Arbeitsweltforschung wider: Zentral und zum Teil mit Zugang zum Balkon liegen die Teeküchen mit einladenden Sitzmöglichkeiten. Dahinter verteilen sich Bereiche, die sich Arbeitsphasen zuordnen lassen:

  • Büro mit verschiedenen Flächen- und Raumangeboten sowie Shared Desk, dank ausgefeilter Akustikdecke erstaunlich leise,
  • schallgeschützte, dennoch transparente Konzentrationsräume als phasenweise Einzelbüros,
  • Infotresen mit Garderobe und Projekt-Materialablage.

Es gibt sogar die als Start-Up-Klischee bekannten Ausruhzohnen.

Das Fazit unserer 15 Besuchenden war: So würden wir auch gerne arbeiten. Das Fraunhofer IAO hat im ZVE die Vision von New Work als Arbeit, die man wirklich will, attraktiv umgesetzt. Wenn die Bürofläche, die das Land reduziert haben möchte, in Sozial-, Kreativ-, Workshop- und Vernetzungsflächen fließt, stellen wir uns gerne der Transformation.

Ein riesiges Dankeschön an Jörg Castor, der uns mit Präsentation und Führung in die Welt des Fraunhofer IAO und der modernen Arbeitsorganisation mitgenommen hat!

Was haben wir gelernt?

  • Beim Fraunhofer IAO machen sie großartige Powerpoints.
  • Weniger Bürofläche bedeutet nicht unbedingt weniger Gesamtfläche.
  • Je nach Arbeitsphase sind unterschiedliche Arbeitsorte sinnvoll.
  • Schöne Arbeitsumgebungen fördern gute Arbeit. Sie sind aber auch teuer.
  • New Work kann echt gut aussehen.

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Ulrich Fries

 

Wissenschaftsmanager

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