Alles klar! Besuch im Uni-Klärwerk Büsnau

25.06.2024 | AgileUS-AUSflug

Der AgileUS-AUSflug im Mai führte Interessierte ins Lehr- und Forschungsklärwerk im Bandtäle in Büsnau. Stufe für Stufe zeigte der Technische Betriebsleiter Peter Maurer, wie die Abwässer der Uni gereinigt werden und teilte Wissen über die Anlage.

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Um zu erfahren, was von den Forschungsergebnissen unserer Universität übrig bleibt, ist mindestens ein Spaziergang nötig. Der Weg zum Lehr- und Forschungsklärwerk des Instituts für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abwasserwirtschaft (ISWA) befindet sich ganz am Ende des Büsnauer Wiesentals, unterhalb des Campus Vaihingens. Den Weg zwischen Naturschutzwiese und Wald, vorbei an malerischen Weihern, nehmen Mitte Mai elf Interessierte auf sich.

Ein Klärwerk für Forschung und Lehre

Peter Maurer nimmt sich zwei Stunden Zeit, uns Laien die Geheimnisse der mehrstufigen Klärprozesse zu zeigen. Anhand der sichtbaren Stationen und mit griffigen Anekdoten erzählt er die Geschichte, Gegenwart und Vorhaben des Klärwerks lebendig. Die Zuhörenden können sich richtig vorstellen, wie der um 1960 hochstrebende Universitätsstandort Vaihingen seine Abwässer ins Bandtäle leitete. Peter Maurer erwähnt die berühmten Schwarz-Weiß-Fotos von der Cannstatter Neckarschleuse, wo sich der Schaum meterhoch türmte – und alle nicken.

Das ISWA-Klärwerk war entstanden, um die Abwässer der Forschungseinrichtungen zu reinigen und zu erforschen, wie die Klärung noch besser werden kann. Zugleich fanden im Bandtäle von Anfang an Untersuchungen statt, wie die Klärleistung besser werden kann. Dank Höhenunterschied vom Zulauf zum Ablauf fließt das Wasser überwiegend von alleine durch die Siebe und Becken. Auf die zwei parallelen Kanäle macht uns Peter Maurer aufmerksam: Einer für die Mischabwässer der Uni, einer für die Siedlungsabwässer aus Büsnau.

Angehende Ingenieurinnen und Ingenieure lernen im Uni-Klärwerk die Methoden in der Praxis kennen. Dazu hat das Klärwerk auch einen unterirdischen Teil, den wir bei der Führung nicht zu Gesicht bekommen. Vor und nach jeder der drei Klärstufen auf drei parallelen „biologischen Straßen“ kann Wasser zum Erproben neuer Verfahren in Teststationen geleitet werden – und danach dennoch nochmal durch den gesamten Klärprozess laufen.

Ein mehrstufiger Prozess sorgt für Klärung

Wieviel der Hinterlassenschaften lässt sich denn herausfiltern? Das ist die Frage, die Peter Maurer stufenweise beantwortet, indem er uns den Weg des Wassers mitnimmt. Es zeigt sich uns mal überdacht, mal offen, mal kristallklar, mal als kakaobraune Brühe und immer wieder gibt es Messstationen für den PH-Gehalt – wo zur Not nachgesteuert werden kann. Grundsätzlich kommt das Wasser aus allen Instituten neutralisiert in den Kanal – denn alle Forschungs-Gebäude haben eine eigene Neutralisierungsstation. So kann auch festgestellt werden, ob nicht klärbare Stoffe einfach so entsorgt wurden. Wer Versuche macht, braucht zuvor eine Genehmigung, das Abwasser einzuleiten.

Die erste Stufe ist ein Grobsieb – eine Maschine wie ein Rechen hält Objekte mit mehreren Zentimetern Größe davon ab, weiter zu schwimmen: Toilettenpapier, Haare, Feuchttücher, Gummihandschuhe. All dies landet als Restmüll – zwischenzeitlich gut abgetropft – in herkömmlichen Restmüll-Containern. Manchmal kommen auch Schlüssel und Handys an; eben alles, was in die Toilette fällt.

Danach rauschen die Kanäle durch ein Feinsieb. Es fängt Mais aus der Mensa und andere Reste wie etwa Kondomfetzen auf. Im Wasser bleiben nur noch kleinste Teilchen wie Sand oder organische Bestandteile.

Klar und noch nicht sauber

Diese sinken in einem Klärbecken zu Boden. Der schlammige Bodensatz wird abgesaugt. Fett, das an der Oberfläche schwimmt, lässt sich abschöpfen. Das Wasser sieht nun klar aus.

In einem von zwei Gärtürmen dient die Masse Bakterien als Nahrung. Das entstehende Methan reicht dem Klärwerk aus, um einen hohen Teil des Warmwasser- und des Energiebedarfs mit einem Blockheizkraftwerk zu decken. Weil die Bürogebäude schlecht isoliert sind, deckt es noch nicht die komplette Wärme.

In vielen Ländern, erklärt Peter Maurer zu unserem Entsetzen, sei mit dem Klärbecken auch der Reinigungsprozess beendet. Die Abwässer fließen danach ohne schwimmende Bestandteile ins Meer. So war es in Deutschland eben früher auch üblich. In der Tat sieht das Wasser sieht danach aus wie aus einem Bergbach – aber Krankheits-Erreger, Medikament-Wirkstoffe, Tenside oder chemische Reinigungsmittel kämen „ungefiltert“ in die Flüsse und Gewässer.

Die Bakterien sind Mitarbeiter

Um das zu vermeiden, fließt das Abwasser danach als tatsächlich braune Brühe für ein paar Stunden im Kreis herum: Die Bakterien, die uns Menschen beim Verdauen helfen, verwandeln in den leicht schäumenden Becken die meisten organischen Substanzen in weniger bedenkliche Bestandteile. Trotz der Farbe riecht es nicht wirklich streng. Niemand braucht eine Nasenklammer.

In der nächsten Reinigungsstufe, einem blubbernden Pool, werden die Bakterien genötigt, sich vom Wasser zu verabschieden. Eingeleitete Luftblasen treiben sie an die Oberfläche, das Wasser fließt darunter weg. Durch ein Rohr gelangen die „Mitarbeiter“, wie Peter Maurer sie nennt, zurück an den Anfang der Nachreinigung. Etwa acht bis zwölf Tage bleiben die Mikroben im Kreislauf. Würden sie ausfallen, dauert es zwei bis vier Wochen, bis sich wieder ausreichend neue für den Betrieb angesammelt haben.

Eine eher antike Station daneben schafft dasselbe wie die Luftblasen, nur etwas weniger effizient: Seit 1966 drehen sich Styroporplatten durchs Wasser. Das war eine der ersten Ideen, die Bakterien wieder einzusammeln. Dies sei der Langzeitbeweis dafür, dass Styropor nicht abgebaut werde, sagt Peter Maurer.

Wieviel bleibt und wieviel geht noch?

Nach dem Blubberbecken ist der Klärprozess bislang fertig. 95 Prozent der Stoffe sind am Ende aus dem Wasser gereinigt. Konnten die ersten Bestandteile noch passiv durch Rechen und Siebe geklärt werden, wird der Prozess immer aufwändiger. Gegenwärtig kommen in Deutschland die Abwässer so zurück in die Flüsse. Enthalten sind beim Abfluss in den Bandtälebach unter anderem noch:

  • Das Schmerzmittel Diclophenac, das sich durch nichts abbauen lässt.
  • Das Hormon Östrogen als Abbaustoff von Kunststoff-Weichmachern.
  • Das Pflanzen-Vernichtungsmittel Glyphamat als Abbaustoff von Waschmitteln.

Um von den restlichen verbleibenden fünf Prozent noch mehr Stoffe abzubauen, brauche es unter anderem sehr hohen Energieaufwand – zum Beispiel durch Hocherhitzung. Zusätzlich verwerten – neben dem Biogaskessel mit Blockheizkraftwerk – ließe sich noch die Restwärme im Brauchwasser am Ende des Klärprozesses. Aus den sechs Grad Temperaturunterschied könnte Wärme zurückgewonnen werden. Diese Optimierungen seien allerdings alle sehr teuer und nur Ideen für die Zukunft.

Am Ende des Klärwerks sind wir Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch am Ende der Führung angelangt. Mit ganz anderem Blick auf Gewässer, Abwasser und Kanäle machen wir uns auf den Spaziergang zurück zum Campus.

Vielen Dank an Peter Maurer für die vielen Einblicke in die Arbeit am Forschungs- und Lehrklärwerk und das geduldige Beantworten der Fragen!

Was haben wir gelernt?

  • Klärwerke stinken kaum.
  • Müll gehört in den Müll, nicht ins Abwasser.
  • Viele Waschmittel belasten die Umwelt.
  • Klärwerke können in der Energieversorgung eine große Rolle spielen.
  • Auch ein Klärwerk muss mit seinen Prozessen auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren.
  • Komplexe Prozesse sind nie fertig optimiert. Mit jeder Überarbeitung ergeben sich neue Optimierungsmöglichkeiten.

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Ulrich Fries

 

Wissenschaftsmanager

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